Ich bin Azizi, ich komme aus Afghanistan und bin seit 5 Jahren in Deutschland. Ich bin PTA (Pharmazeutischer Technischer Assistent). Ich hatte auch in Afghanistan als Apotheker gearbeitet, aber in Deutschland muss man immer den Abschluss noch mal machen, also musste ich noch einmal ein Jahr zur Schule und ein paar extra Fächer lernen. Aber 2017 habe ich dann meine Prüfung in Deutschland noch mal gemacht. Außerdem bin ich ehrenamtlich aktiv im Eidelstedter Bürgerhaus und in dem Bewohner:innen Komittee in der Unterkunft.

Was ist das für ein Komitee?

Die Aufgabe ist es, die Menschen zu unterstützen und mit den Deutschen zu verbinden und zwischen den Kulturen zu vermitteln. Zum Beispiel wenn wir Ramadan haben, also fasten, am Ende am Zuckerfest gehen wir zu den Nachbarn und schenken Ihnen Süßigkeiten und erklären, was Ramadan und das Zuckerfest für uns bedeutet.

Was ist Solidarität für dich?

Ich bin fest davon überzeugt, dass es möglich ist eine Gesellschaft, ein System zu bauen, das sich entwickelt und das Beste hervorbringt, und dabei jedem Einzelnen Wachstum und Beteiligung ermöglicht. Wir haben in unserer Kultur ein Sprichwort: Eine Hand macht keinen Ton, aber zwei Hände ganz sicher. Wir müssen verstehen, dass wir zusammenhalten müssen – sowohl in der Gesellschaft, als auch jeder Einzelne in der Freude, im Leid, im Wachstum. Manchmal heißt Solidarität dann Geld, manchmal Selbstaufopferung, manchmal ein paar Tage oder Stunden investieren und manchmal nur ein Lächeln schenken.

Was hat Corona mit dir gemacht?

Also die Apotheke, in der ich eigentlich gearbeitet habe, am Flughafen, die hat zugemacht. Weil die Leute nicht fliegen konnten, musste sie zumachen. Aber für mich bis jetzt ist alles gut, wir haben viel aufgepasst, haben unsere Freunde nicht besucht und so weiter. Es ist zwar nicht so schön, aber man weiß, es ist nicht für immer. Vielleicht ein Jahr oder so, dann ist alles wieder gut. Ich habe auch Glück, durch meine Arbeit und mein Ehrenamt habe ich ja noch Kontakt zu Menschen.

Es ist auch so, dass man sich gewöhnt. Ich komme aus Afghanistan, aus Kabul. Ich habe die Erfahrung, von vor 15-20 Jahren, als die Mudschaheddin nach Afghanistan gekommen sind und Kabul angegriffen haben. Am Anfang, als die ersten Bomben fielen, war das schwer für alle und wir hatten viel Angst bei jeder Explosion. Nach sechs Monaten, einem Jahr, gewöhnt man sich daran, es gehört zum Leben. So ist das mit Corona auch – am Anfang hatten alle viel Angst, aber zum Glück in Deutschland, die Regierung hat alles gut geregelt und alle haben aufgepasst, und mit der Zeit, haben wir uns daran gewöhnt. Ich bin dankbar, dass ich in Deutschland sein kann jetzt und hier alles so gut organisiert wird.

Denkst du, unsere Stadt, das Land hat sich in den letzten Jahren verändert und wenn ja, wie?

Ich glaube, aus meiner Perspektive, das Land verändert die Leute. Man muss viel lernen, wenn man hier ankommt. Also zum Beispiel am Anfang war ich 1 ½ Jahre in einem Camp im Container, wo nur Geflüchtete waren, alle aus zum Beispiel Iran, Irak oder Afghanistan. Danach sind wir umgezogen in eine Wohnung und dann haben wir gesehen, wie die Menschen in Deutschland leben, was sie machen oder was sie wollen. Und dann haben wir unser Leben schon etwas geändert. Aber ich glaube natürlich auch, dass sich Deutschland verändert hat.

Aber weißt Du, in Afghanistan sagen die Menschen eher ich komme aus Kabul, ich komme aus .. – hier sagt niemand ich komme aus Hamburg oder Bremen. Hier sind alle aus Deutschland und alle kommen miteinander zurecht. Vielleicht sagt einer ich komme aus Deutschland, und einer aus Germany und der andere aus Alman – aber alle meinen das Gleiche. Keiner sagt etwas zum anderen, weil er aus einer anderen Stadt oder Region kommt. Das finde ich gut. In Afghanistan gibt es mehr Konflikte zwischen unterschiedlichen Gruppen, hier wird das besser akzeptiert. Jeden Tag sterben in Afghanistan Menschen, auch Kinder. Natürlich gibt es auch Probleme, man kann ein Land vergleichen mit einem Dschungel – es gibt gute Tiere und es gibt schlechte Tiere. Ein Land ist auch so.

Wie lange wohnst du schon in Eidelstedt und was verbindest du mit dem Stadtteil?

Ich mag Eidelstedt, ganz Eimsbüttel, weil hier wohnen viele Deutsche. Es ist ruhig.

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